#02

Lieber Fritz, liebe Monika,

jetzt komme auch ich ins Guiness-Buch der Rekorde. Musste in dieser Woche meine 6. Koloskopie über mich ergehen lassen. Natürlich wieder ohne schmerzstillende Mittel, ein Indianer und ein Kriegskind kennen keinen Schmerz. Für die Untersuchung gab es keinen besonderen Grund. Aber meine Onkologin ist eine ganz Liebe und möchte, dass ich 100 Jahre alt werde. Vorsichtshalber wird sie mich demnächst wohl auch noch zum Gynäkologen schicken. 

Was soll das? Schon seit vielen Jahren habe ich eine Grabstelle unter alten Bäumen gepachtet. Aber alle Welt scheint verhindern zu wollen, dass ich auch da hinkomme. Der Gastroenterologe meines Vertrauens will mich frühestens in fünf Jahren wiedersehen und dann reiche auch ein Stuhltest aus. Toll, und was mache ich jetzt in den fünf Jahren? Doch noch einmal die Sau rauslassen? Ich weiß garnicht mehr wie das geht, wisst ihr es? 

Eine weiß es: Elke. Anlässlich meines Geburtstages im Oktober will sie mich irgendwohin in die Walachei entführen, dort die Sau rauslassen und mit mir auf dem Tisch tanzen. Alles natürlich noch supergeheim. Ich habe sie an die andere Zauberin Circe erinnert und darum gebeten, nicht wie die Kumpels von Odysseus in eine Sau verwandelt zu werden. Dann wäre es mir schon lieber, von ihr in eine Katze verwandelt zu werden. Und wo könnte ich dann in Berlin wohnen? Natürlich in einem Miezhaus. Guter Witz. Eure Katzen lachen sich darüber tot.

Heute wäre Romy Schneider 80 Jahre alt geworden. Wir sind uns in Berchtesgaden ein paarmal kurz begegnet. Sie war damals 15 Jahre alt, ich 14. Ihr Halbbruder war eine Klasse über mir. Ihr erster Film „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ war eine Sensation in unserem Ort. Ich weiß nicht, wie oft ich zu ihrem Haus gepilgert bin, um ihr mein neues Fahrrad (Stricker, hellblau, mit Wimpel) vorzuführen. Sie hat sich dann aber lieber diesem Franzosen an die Brust geworfen. 

In der Tanzstunde in ESW konnte der alte Sadist Forster es nicht lassen, mich beim langsamen Walzer meine Kreise immer zu „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ drehen zu lassen. Ich habe mich dann entschlossen, als Double von James Dean durch die Forstgasse zu promenieren. Kein Erfolg bei den Dietemänner-Tussis. Sie kannten nur Rudolf Prack und O.W. Fischer. So musste ich schließlich ESW ungeküsst verlassen. Wer weiß, was mir dadurch erspart geblieben ist.

Nochmal zu Romy. Ihr Lieblingsregisseur Claude Sautet hat über sie gesagt, sie sei die Synthese aus allen Frauen. Das wusste ich schon mit 14. Aber ich kenne auch so eine.

Herbstliche Grüße nach einem traumhaften Sommer.

Ulrich