Hallo ihr da draußen,

neulich war Bartleby wieder einmal im KaDeWe. Eigentlich nichts Besonderes, aber diesmal zog es ihn unwiderstehlich in die Spielzeugabteilung. Er weiß nicht wieso, aber es war wie ein Sog. Dann stand er vor den Teddybären. Es war, als hätten sie nur auf seinen Besuch gewartet. Wer ganz genau hinschaute, konnte den Eindruck haben, dass sie ihm ganz zart mit ihren Pfoten zuwinkten. „Wie geht’s dir, alter Mann?“ flüsterten sie, damit die Verkäuferin sie nicht hören konnte. „Danke, geht so. Die Zeit damals ohne euch war schlimmer für mich. Wisst ihr ja.“ Sie schauten ihn sanft mit ihren schönen Glasaugen an: „Du weißt ja, dass wir gerne bei dir gewesen wären. Aber man hat uns einfach nicht gelassen.“ 

Die Teddys haben Recht. Bartlebys Mutter musste 1939 in die Reichsmütterschulung. Dort erhielt sie auch den Erziehungsratgeber „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer (s. Wikipedia). Um sie zu guten Soldaten und Mitläufern zu machen, forderte sie die Eltern darin dazu auf, die Bedürfnisse ihrer Kleinkinder gezielt zu ignorieren. Sie sollten emotions- und bindungsarm werden. Der „Führer“ wollte, dass Bartleby flink wie ein Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl wird. Klein-Bartleby aber wollte lieber nicht. Und die SS machte seinem Vater klar, dein Sohn kriegt keinen Teddy, der bringt ihn später an der Front nur auf dumme Gedanken. Das Private ist das Politische, hieß es dazu später bei den 68ern.

Ich weiß nicht, ob Mutter auch das zweite Buch von Frau Haarer gelesen hat: „Mutter, erzähl von Adolf Hitler.“ Bartlebys Oma in Schlesien hat jedenfalls nicht von ihm erzählt und ihm lieber Märchen vorgelesen und wunderschöne Lieder zum Einschlafen gesungen. Opa hat ihm täglich Spielzeug gebastelt und darunter war kein einziges Kriegsspielzeug. Aber einer fehlte auch dort: ein Teddy. Wie lernt man Liebhaben, wenn man niemanden zum liebhaben hat? Am Daumen lutschen und mit den Bettzipfeln spielen war kein Ersatz. 

Johanna Haarer hat noch bis in die 70er-Jahre ihren Ratgeber in Millionenauflage im postnazistischen Westdeutschland verkauft. Mutter bekam schneller die Kurve. Sie fing sofort nach Kriegsende wieder an, mit ihren Kindern abends und vor dem Essen zu beten und Bartlebys kleiner Bruder bekam jetzt natürlich auch seinen Teddy. Er hat ihn so geliebt, dass sich das Kuscheltier irgendwann fast in seine Bestandteile aufgelöst hat. Bartleby hat seinen Bruder nicht einmal darum beneidet, er war nur traurig, einfach traurig. Mutter hat davon nichts bemerkt. 

Die Teddybären im KaDeWe haben ihm aufmerksam zugehört. „Das ist aber keine schöne Geschichte, aber du hast doch hoffentlich Menschen kennengelernt, die dich trotzdem so mögen wie du bist.“ Bartleby muss eine ganze Weile darüber nachdenken: „Ich komme noch einmal vorbei, versprochen“. Dann streicht er einem der Teddys über den Kopf und geht. Ganz schnell. Die Verkäuferin schaut ihm irritiert nach.

Bartleby hat jetzt durch Zufall eine Schwester im Geiste entdeckt: Ildiko von Kürthy, Hamburger Schriftstellerin mit Millionenauflagen. In einem Interview gesteht sie ihre Seelenverwandschaft mit Bartleby: „Wenn mir morgens was runterfällt, hebe ich es erst nachmittags auf.“ Die Frauen, die ich kannte, waren alle anders. Sie haben sogar streng darauf geachtet, dass mir erst gar nichts runterfällt. Heute ist es ein schönes Gefühl für Bartleby, wenn er feststellt, dass Menschen, bei denen er das nie vermutet hätte, genau die gleichen Marotten haben wie er. 

Bartleby hängt rund um die Uhr am Radio. Das war schon in seiner Jugend so. Hausaufgaben wurden nur gemacht, wenn nebenbei Radio Luxemburg lief. Die Moderatoren hießen damals Camillo Felgen und Frank Elstner, ja genau der, der später im Fernsehen groß rauskam. Hier in Berlin haben wir ja das Glück, mit Radio Eins („nur für Erwachsene“) den besten Sender des Landes hören zu können. Kein Dudelfunk wie in MeckPomm oder südlich des Weißwurst-Äquators. Wenn ich früher im Auto unterwegs war und das Berliner Sendegebiet verlassen musste, war ich Sachsenwelle und Radio Brocken ausgeliefert. Die Höchststrafe! Inzwischen helfe ich mir mit CDs. Mit Creedance Clearwater Revival auf der linken Spur der A2, das hat was. 

Jetzt genug der Vorrede. In einer der letzten Sendungen stellte der nette Moderator seiner noch  netteren Kollegin eine Frage. Vorher aber noch schnell Kinder und Katzen raus aus dem Zimmer! Also: „Was ist der Unterschied zwischen Vögeln und Bumsen?“ Sie überlegt. Dann seine Antwort: „Vögel können fliegen, Bumsen nicht.“ Was habt ihr denn gedacht? Mieze, kannst wieder rein. Ich sagte ja, nur für Erwachsene.

Habe neulich mit Elkes Therapiekatze ausführlich Youtube geschaut. Pouline steht auf Katzenvideos, aber noch mehr auf solchen mit Eichhörnchen. Da starrt sie so gebannt auf den Bildschirm wie ich bei einem Hertha-Spiel. Das Einzige, was sie stört, ist, dass der Ton immer Englisch ist. Bartleby übersetzt natürlich so gut es geht, aber deutsche Untertitel wären ihr lieber. Mach was, Youtube!

Die Currywurst wird 70 Jahre, gemessen an Bartleby ein junges Ding. Wurst kann ja jeder, but its the sauce, stupid! Willkommener Anlass also für den exzentrischen Hobbykoch aus der Gastro-Brache Moabit, endlich die ultimative Currysauce zu kreieren. Und was soll ich euch sagen, Konnopke und Curry 36 können einpacken. Ihr würdet euch wegschmeißen. Bis auf die Veganer unter euch natürlich. Die müssen leider weiter zu Mustafas Gemüse Kebap gehen. Wartezeit 20 Minuten aufwärts. Trotzdem guten Appetit!

Höre gerade, dass sie den Auto-Serienbrandstifter vom Hansaviertel geschnappt haben. In Hamburg. Der Boden war ihm wohl hier im wahrsten Sinne des Wortes zu heiß geworden. Guter Job der „Soko Nachtwache“. Falls jemand von euch zufällig sieht, dass mein Auto gerade brennt: der Feuerlöscher liegt unter dem Rücksitz. 

Der Checkpoint Charlie ist ja ein weltbekannter Touristen-Hotspot, aber eigentlich immer noch eine Brache. Das soll sich endlich ändern. Aber wie? Es gibt Vorschläge für eine attraktive Location. Einer davon: Russische und amerikanische Panzer wie nach dem Mauerbau auf beiden Seiten der ehemaligen Demarkationslinie aufstellen. Das würde den Touristen sicher gefallen. Aber ob ihnen auch gefiele, wenn die nur mit Konfetti aufeinander schießen? Bartleby ist skeptisch.

Kennt ihr Rainald Grebe? Solltet ihr aber. Kabarettist und Musiker. Sein greatest Hit ist immer noch „Brandenburg“. Sehr zu empfehlen auch „Ich bin der Präsident“. Bartleby hat ihm auf dem rbb-Parkfest im Park am Gleisdreieck zugehört. Zwei seiner Bemerkungen sind ihm besonders im Gedächtnis geblieben. „Ostersamstag: ein Brückentag für Jesus.“ Na schön, über sowas lachen halt nur kaputte Atheisten wie Bartleby. Aber auch ein bitteres Fazit von ihm über Revolutionäre in Berlin. Damals die 68er auf dem Kudamm: „HoHoHo-Tschi-Minh“. Heute die Schwaben in Prenzelberg: „HoHoHolzspielzeug.“ Bartleby befürchtet, so wird das wieder nix mit der Revolution.

Bartleby gratuliert Günther Netzer zum 75. So wie er wäre Bartleby auch gerne „aus der Tiefe des Raumes“ gekommen. Lange Haare waren für ihn kein Problem, die Blondinen auch nicht und Karmann Ghia statt Ferrari mag man noch so durchgehen lassen. Es scheiterte einzig und allein am Tore schießen. So ein Traumtor, wie es Netzer im Pokalfinale 1973 geschossen hat, ist Bartleby nur einmal gelungen. Beim Tipp Kick gegen seinen kleinen Bruder und da ist das Tor bekanntlich viel kleiner. Spart euch also eure Häme.

Und kein Wort mehr über Hertha!

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