Berliner Weihnachtsgeschichte +++ Mietendeckel +++ Sinead O´Connor +++ Der große Verfeinerer +++ Greta

Das hättet ihr nicht gedacht: Der Heide Bartleby liest aus der Weihnachtsgeschichte

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auch auf Josef in das ferne Berlin, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten keine Wohnung in der Stadt gefunden.“ Und Josef machte sich wieder auf wegen der Geburtsurkunde, um beim Standesamt noch einen Termin vor Ostern zu ergattern. Er ist ja hier schließlich nicht in Bethlehem.

Das mit der Wohnung kann Bartleby in den nächsten Jahren auch passieren. Aber anders als früher in Bethlehem könnte hier bald ein Mietendeckel kommen und ihn retten. Dann wird es aber unter den Brücken eng. Lauter plötzlich verarmte Vermieter müssen sich dann nach dem Flaschen sammeln mit Obdachlosen unter den Brücken um die letzten Schlafsäcke der Stadtmission streiten. Andererseits: 

Die Zahl der privaten Vermieter in Berlin ist von 155.836 in 2008 auf 196.645 in 2017 gestiegen. Die Summe ihrer Einnahmen ist im gleichen Zeitraum explodiert: von 275 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro. Altersvorsorge gesichert, würde Bartleby sagen.

Nach der großen Traktor-Demo jetzt eine Berliner Baufirmen-Demo gegen den Mietendeckel. Wo? Natürlich wieder am Brandenburger Tor. Verdammt nochmal, können andere Städte nicht auch Brandenburger Tore aufstellen? Kann doch nicht so schwer sein. Transparente mit dem üblichen Stumpfsinn. Aber ein Demonstrant war belesen. Er variierte Marie-Antoinette, die gesagt hatte, diejenigen, die sich kein Brot leisten können, sollten doch stattdessen Kuchen essen. Sein Transparent: „Wenns Miete zu hoch is, sollns halt im Hotel schlafen.“ Dem Adlon gefällt das.

Mein Klempner befürchtet, er dürfe in Zukunft nicht mehr meinen tropfenden Wasserhahn reparieren. Na und? Dann verzichtet Bartleby eben einmal auf sein ewiges „Ich möchte lieber nicht“ und macht es selber. Woher er das kann? Bei seinem Allianz-Einsatz früher im Osten musste er sogar Klos in maroden Seminar-Gebäuden reparieren. Die Mädels haben ihn dafür geliebt, aber leider immer nur als Klempner. Bis auf eine Ausnahme.  

1700 Menschen kamen Ende November zur Massenbesichtigung einer Schöneberger Wohnung (55 qm, 570 Euro warm) – gewonnen hat eine junge Französin. Der Vermieter begründet seine Entscheidung so: „Französischer Charme schlägt Berliner Schnauze.“ (Abendschau). Wenn es ganz eng wird, hilft vielleicht Französisch für Anfängerinnen: „Voulez-vous coucher avec moi?“ Bartleby schenkt sich besser die Übersetzung in den  Berliner Slang. Vielleicht zu vulgär für zarte Gemüter.

Bartleby musste ja sein letztes Schuljahr auf der Waldorfschule in Kassel verbringen. Gut für ihn, aber schlecht für seinen Klassenkameraden Micha, der nämlich in dieser Zeit sein Zimmer mit ihm teilen musste. Danke Micha, du warst sehr tapfer. Vor einiger Zeit kam heraus, dass Michas Tochter Nadine heute eine geschätzte Kulturjournalistin des Berliner „Tagesspiegel“ ist. Bartleby ist aber nicht nur deswegen einer ihrer größten Fans. Gerade hat er ihren Bericht über ein Konzert von Sinead O´Connor gelesen. Der alte Mann verfolgt die Irin schon lange mit Sympathie für ihre Songs und ihren Kampf gegen Papst und katholische Kirche. Hat leider keine Karte mehr für das Konzert bekommen. Bartleby gehört ja zu dem Typ Mann, der immer Großes will und schon im Kleinen scheitert. Sinead hatte einen Trost für ihn. Nadine zitiert eine Zeile aus einem ihrer Songs: 
„I wanted to change the world, but I could not even change my underwear.“ Ich sehe euch wenig überrascht.

 Bartleby fährt nur noch selten mit der S-Bahn. Wenn es wirklich sein muss, schnell noch vorher online ein Besuch des Betriebsstörungsbingos der Bahn im Netz: „Signalstörungs-meldungen für 14 von 17 Linien“. Reaktion eines Twitter-Users auf eine der Signalstörungs-meldungen: „Hej, der Tweet ist doch von gestern!“ Anderer User: „Falsch, von morgen.“

In einem großen Reiseführer für Berlin soll für Touristen die Empfehlung stehen, schon vor der Reise unbedingt das wichtigste deutsche Wort für die Stadt auswendig zu lernen:„Schienenersatzverkehr“. Wäre sicher auch für die Wessis vom Dorf nützlich.

In Berlin wird ja die Bevölkerung buchstäblich zu jedem Scheiß befragt. Beweis? Meeting mit Anwohnern des Olympiastadions, wo Hertha auch ihr neues Stadion bauen will. Die Anwohner sind dagegen. Einer bringt es auf den Punkt: „Hertha ist ja noch okay, aber am schlimmsten sind die Fans bei Konzerten. Bei Helene Fischer kacken sie uns in die Gärten.“ Atemlos durch die Nacht, bis einer seinen Haufen macht.

Bartleby hat heute ein Weihnachts-Gedächtnisessen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit gekocht. Damals hat er mit Mutter Steckrüben und andere Reste von Brandenburger Feldern geklaut. Sorry Bauern. Tim Mälzer hat aus Mutters  Arme-Leute-Essen ganz grob ein Rezept gemacht. Bartleby hat es wie immer unnachahmlich verfeinert. Er war ja nie der Mann fürs Grobe. Das überließ er immer anderen, ob im Job, in der Mode oder in der Küche, aber danach schlug seine Stunde als der große Verfeinerer. Hier ein bisschen mehr, dort ein bisschen weniger und zum Schluss noch eine neue Kleinigkeit. Er soll ja sogar schöne Frauen verfeinert haben. Sagt man jedenfalls.

Bartleby liest gerade, dass jedes 3. Kind Weihnachtsgeschenke ausspioniert. Er kann das bestätigen. Ohne jede Hemmung hat er das Schlafzimmer seiner Eltern gründlich  durchwühlt und seine Bescherung um Tage vorverlegt. Die einzige Überraschung an Heiligabend waren dann nur noch Omas selbstgestrickte Pullover, Schals und Handschuhe (Fäustlinge natürlich). Aber genau deswegen begann dann wieder die Zeit, in der er in der Schule gemobbt wurde. 

Alexa, darf ich nicht doch mal was Politisches schreiben?
„Vergiss es!“
Auch nicht über Greta?
„Auch nicht! Du warst schon immer hinter jungen Schwedinnen her. Und was hat es dem Klima gebracht?“

#26

Hallo Follower,

Ihr fragt Bartleby, wie es ihm geht. Antwort: „Mir geht´s wie Gott.“ Was heißt das? „Ich mache nichts.“ Die anstrengende Schöpfungsgeschichte hat anscheinend ihre Spuren bei ihm hinterlassen. Oder verwahrlost Gott etwa gerade auch in Würde wie Bartleby? Die Bibel müsste umgeschrieben werden.

Wahrscheinlich auch die Geschichte von Adam und Eva. Stellt euch vor, Gott hätte nach dem Sündenfall Bartleby statt Adam aufgefordert, das Paradies zu verlassen. Was wäre seine Antwort gewesen? Richtig: „Ich möchte lieber nicht“. Wir könnten also heute noch im Paradies leben. Seht ihr, die Atheisten haben es immer schon gewusst.

Klima, Digitalisierung, Altersarmut, das sind alles große Probleme, auf die die Politik Antworten sucht. Bartleby hätte natürlich schon lange welche, Bloß leider nicht auf seine eigenen. Zum Beispiel, ob er sich mal wieder die Fußnägel schneiden oder lieber größere Schuhe kaufen soll. Ihr lacht, aber das sind so Fragen im Alter, die auch beantwortet werden wollen. Manchmal versucht Bartleby, seinem Alter zu entgehen, indem er sich einfach nur noch mit dem Rücken zum Spiegel abtrocknet. Rare Glücksmomente.

Tipps für einen verregneten Herbst: Sich auf Youtube statt Katzenvideos mal die Welt von Harald Lesch erklären zu lassen. Warum die Erde doch keine Scheibe ist oder Chemtrails nur die Hirne von Idioten vernebeln. Warum hatten wir an unserer Schule nicht so einen als Lehrer? Ich weiß, blöde Frage. Für mich damals aber ein Grund, mich von den naturwissenschaftlichen Fächern zu verabschieden. Aber wenigstens in Deutsch hatten wir so eine Art Mini-Lesch. Sonst gäbe es heute auch keinen Newsletter.

Bartleby hat sich in seinen Schriftverkehr-Seminaren immer wieder über Blödsinn und Euphemismen in der deutschen Sprache lustig gemacht. Zum Beispiel etwas „Nullwachstum“ zu nennen, obwohl da nachweislich nichts wächst. Oder der unausrottbare „Rückstau“. Staut sich auch etwas nach vorne? Und dass „vorprogrammieren“ doppelt gemoppelt ist, weiß Bartleby natürlich, weil er das hessische Große Latinum hat. Wozu denn sonst?

Jetzt hat Bartleby ein neues Highlight der Politikersprache kennengelernt. Pressekonferenz zum Plan von Tesla, in der Nähe von Berlin eine „Giga-Factory“ zu bauen. Dafür muss ein großes Stück Wald verschwinden. Frage des Reporters an den Brandenburger Politiker: „Stimmt es, dass dafür 70 ha Wald abgeholzt werden müssen?“ Der arme Politiker schluckt und versucht, in seiner Antwort das Unwort „abholzen“ zu vermeiden: „Nee, außer der Tatsache, dass Wald abge…. ääh, also deforestiert wird.“ Der neben ihm stehende Ministerpräsident kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Ich liebe Brandenburg. Rainald Grebe, mach was draus!

In Bartlebys Wohnung hängt seit den 80ern ein Poster von einem Auftritt der „3 Tornados“ in der Ufa-Fabrik. Arnulf Rating ist der einzig Überlebende dieses Kabarettisten-Trios und noch ganz der Alte. Er hat jetzt das Greta Thunberg-Bashing von Dieter Nuhr gekontert. „Bei Greta“, stellte er fest, „da kann man sehen, was aus Leuten wird, die einmal in der Woche nicht in die Schule gehen.“ Verstanden? Ich hoffe doch.

Bartleby ist ja seit Bolzplatzzeiten ein großer Fußballfan. Aber die Pyro-Orgie bei Union- Hertha hat ihm doch sehr zu denken gegeben. Er war früher mit Monika Dauergast bei Hertha im Olympiastadion. Immer auf einem Platz im Oberring. Warum gerade dort? Pyro gab es damals noch nicht. Die Hools haben als Ersatz dafür ihre Bierbecher vollgepinkelt und dann von oben in den vollbesetzten Unterring geworfen. Gut für dich, wenn du dort unten einen Stehkragen hattest. Der Vorteil für Bartleby: Auf dem Herren-WC im Oberring war es dadurch immer angenehm leer.

Als Fußballer bei Weiß-Blau Allianz hat Bartleby ja manchmal davon geträumt, ein zweiter Beckenbauer oder Jogi Löw zu werden. Bis Mehmet Scholl kam, einer der wenigen sympathischen Spieler bei Bayern München. Er wird von einem Reporter gefragt, was er in seinem nächsten Leben am liebsten sein würde. Scholl denkt kurz nach, lächelt und antwortet: „Spielerfrau“. Daran hat Bartleby auch schon mal für sich gedacht. Alexa, sag, von wem? Nein, bitte nicht Loddar Matthäus!

Wer von Euch ist nicht schon einmal von jemandem zur Hölle gewünscht worden. Bartleby hat irgendwann aufgehört, solche Wünsche an ihn zu zählen. Vor einiger Zeit bekam er dann diese merkwürdige Mail: „Niemand außer Allah ist der Anbetung würdig!! Entweder ihr konvertiert zum Islam oder ihr seid Brennstoff der Hölle.“ Bartleby hat mal kurz überlegt, allein schon wegen der 72 Jungfrauen. Selbstkritisch wie er ist, stellte er aber fest, dass dieses Angebot für ihn vielleicht zwei, drei Jahre zu spät gekommen ist.

Bartleby hat noch versucht, den Absender zurückzurufen, aber der fromme Mann war wohl gerade in seiner Moschee. Jetzt droht also die Hölle. Muß das aber wirklich so schlimm sein? Der schlechte Ruf der Hölle liegt nicht an dem Ort, sondern an den Leuten dort, hat ein kluger Mann mal gesagt. Wenn das stimmt, träfe Bartleby dort auf eine ganze Menge Leute, die ihm schon von hier bekannt wären. Vor seinem Gang in die Hölle erhält Bartleby Zuspruch von Erasmus von Rotterdam; „Religion ist was für Kinder, Greise und Idioten.“

Viele von euch werden es schon längst vergessen haben: Vor der „Wende“ wurden die Frontstadt-Berliner aufgerufen, immer in der Adventszeit Kerzen in die Fenster zu stellen. Für die Brüder und Schwestern im Osten. Was soll schon so schlimm daran sein? Früher haben die Berliner einfach Hakenkreuzfahnen zum Fenster rausgehängt, später mussten es dann eben Kerzen sein. Der Berliner zeigt eben gern, dass er macht, was von ihm erwartet wird. Heute schmeißt er höchstens noch seinen Sperrmüll vor die Tür, nicht nur zum Advent. Blöd, aber das ist Bartleby immer noch lieber als die Fahnen von damals.

Zum Schluss noch eine Frage zu Weihnachten. Dafür aber kurz mal raus aus dem Zimmer mit Frauen, Kindern und Katzen. Ist die Luft rein? Also: „Warum hat der Weihnachtsmann so einen großen Sack?“ – „Weil er nur einmal im Jahr kommt.“ Bartleby findet sowas witzig. Ja, er kann auch unterste Schublade. Habt ihr nicht gedacht. Typisch alter weißer Mann. Und jetzt alle: „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum …“