Kennt ihr Blaise Pascal? Wenn nicht, googeln! Er hat etwas sehr Kluges gesagt: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben.“ Er kannte Bartleby nicht. Geht schon seit langem nicht mehr raus. Keine Reise, kein Kino, kein Theater, kein Fußball, kein nichts. Nur schnell den Müll runterbringen und kurz zu EDEKA huschen. Das ist alles. Dann wieder verschanzen hinter Zeitungen, Büchern und dem Internet. Pascal gefällt das. Ich kenne wenige, die dadurch so viel zum Weltfrieden beigetragen haben wie Bartleby.
Bartleby fällt auf, dass immer mehr Straftäter nicht mehr zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden, sondern stattdessen in die Psychiatrie eingewiesen werden. Gibt es denn keine „normalen“ Räuber und Mörder mehr? Ein Grund für Bartleby, mal darüber nachzudenken, wer in die Pychiatrie gehört. Als der junge Bartleby noch wie der kleine Moritz dachte, hatte er eine genaue Vorstellung davon. In Berlin zum Beispiel waren das die Bonhoeffer Heilstätten, Betroffenen unter euch besser bekannt als „Bonnies Ranch“. Dort landeten Menschen, die einfach nur einen Sprung in der Schüssel hatten. Irgendwann aber wurde die Ranch zu klein. Heute werden auf dem Gelände von Verrückten teure Immobilien gebaut. Von wem auch sonst.
Aber wohin jetzt mit all denen, die nicht ganz dicht sind und mehr und mehr werden? Die klügsten Köpfe des Landes zerbrachen sich die Köpfe. Vergeblich. Da schlug die Stunde von Bartleby. Er schlug nach reiflicher Überlegung vor, das Überkommene einfach umzudrehen und gleich die ganze Welt zu einem Irrenhaus zu erklären. Dafür werden einige wenige Orte für Menschen mit Verstand und Vernunft reserviert. In Moabit, sagt man, soll angeblich auch so ein Haus stehen.
Auf einmal war für Bartleby alles ganz einfach. Politiker, Militärs, Religionen, Rassismus und Sexismus bekamen endlich den Platz in der Psychiatrie, der ihnen zusteht, Und die Menschen nutzen ihn. Bartleby hat sich heute im Internet und TV die große Corona-Demo in Berlin angesehen. Es war, als hätte man zu Zeiten von Bonnies Ranch mit den Patienten einen Betriebsausflug zum Brandenburger Tor und Reichstag gemacht.
Aufgerufen zu dem Ausflug hatte zum 2. Mal die Stuttgarter Gruppe „Querdenken 711“. Der Berliner Innensenator hat vieles richtig gemacht. Einen Fehler muss Bartleby ihm aber dennoch ankreiden. Er hätte die Demo nicht auf den üblichen Trampelpfaden der Innenstadt zulassen dürfen. Das nächste Mal, lieber Senator, schickst du die Patienten aus dem Schwabenland besser gleich zu ihren Verwandten nach Prenzlauer Berg. Da werden sie dann von den Müttern vom Kollwitzplatz mit den vollgeschissenen Windeln ihrer Gören bombardiert. Die Mütter haben jetzt den Part der Wilmersdorfer Witwen aus „Linie 1“ übernommen, die vor ihnen Berlin verteidigt haben.
Jens Spahn hat versucht, die Covidioten zu besänftigen. Mit den Erkenntnissen von heute, tröstete er sie, hätte man früher einige Maßnahmen nicht zu ergreifen brauchen. Ex CDU-General Ruprecht Polenz kommentiert trocken: „Mit den Erkenntnissen von Montag hätte ich meinen Lottoschein auch anders ausgefüllt.“ Bartleby wusste gar nicht, dass die CDU auch witzig sein kann. „Und? Wählste jetzt endlich auch mal CDU?“ Aber Leute, schon vergessen, wie der Wahlspruch von Bartleby lautet?
A propos witzig. Für seine Rubrik „Lokales“ hat Bartleby mal wieder ins Berliner Netz geschaut. Keine Angst, jetzt kommt nicht schon wieder die Geschichte von dem Nackten, der dem Wildschwein mit seinem Laptop hinterher rennt.
Das hier passt zu Corona: In den Berliner Gesundheitsämtern sind 15% der Stellen unbesetzt. Manchen Ämtern fehlt vor lauter Arbeit die Zeit, neues Personal einzustellen. Da lacht der Bär.
Berlin hatte ja den umwerfenden Stadtslogan „Be Berlin“. Jetzt müsst ihr euch einen neuen merken oder auch nicht: „Wir sind ein Berlin“. Soll ganz schön teuer gewesen sein. Kultursenator Lederer stellt die Frage: „Warum nicht „Berlin – irjendwat is´ immer?“ Guter Mann.
Ihr habt es sicher mitgekriegt. Vor kurzem haben die beim Duden ihr Wörterbuch aufgeräumt und dabei Bartlebys geliebten „Hackenporsche“ einfach so rausgeschmissen. Ein anderer enttäuschter Berliner schickte einen bitterbösen Tweet an die Sprachpolizei: „Ey, Dudenverlag, wieso ist Maskenmuffel, Erhöhtes Beförderungsentgelt, Busspurparker und Türfreihaikjesagtdukackvogel immer noch nicht in der neuen Ausgabe?“ Wie Berliner eben so sind.
Bartleby musste gerade wieder Abschied nehmen von einer seiner Lieblingssendungen im TV. Erst von Harald Schmidt und jetzt auch noch von „Augstein und Blome“. Kurze Info für diejenigen von euch, die nur das Unterschichtenfernsehen abonniert haben. Da kabbelten sich der ewige Linke Augstein vom „Freitag“ mit dem Cordjacket-Blome vom rechten Tittenblatt „BILD“. Das war stänkern auf hohem Niveau. Bartleby wird versuchen, sich mit „Heute-Show“ und „Die Anstalt“ noch eine Weile über Wasser zu halten. Zur Not hilft vielleicht Jan Böhmermann.
Wo wir gerade beim Fernsehen sind, erzählt Opa Bartleby schnell noch eine Geschichte aus seiner Jugend. In Berchtesgaden gab es kein Fernsehen und nach dem Umzug 1954 ins Eschweger Schloss auch dort keinen Fernseher. Das „Wunder von Bern“ also nur im Hörfunk: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt. Tooor! Tooor! Tooor!“ Der junge Bartleby musste immer in die nahe „Pinke“, um dort Fußball zu sehen. Der Herr Landrat fand es aber nicht so passend, dass sein hoffnungsvoller Sprössling regelmäßig mit dem gemeinen Volk in einer Spelunke vor der Glotze saß.
Ein Fernseher musste her. Mutter Bartleby legte sich quer. So eine Kiste würde das Familienleben zerstören. Vater und Sohn ließen nicht locker. Schließlich gab Mutter nach. Ihre Bedingung: Aber am Sonntagmittag bleibt der Kasten aus, der ausgerechnet im Esszimmer stand. Also alle Augen nur auf Mutters Sonntagsbraten. Bartleby hätte aber genau um diese Zeit lieber Werner Höfers „Frühschoppen“ mit sechs rauchenden und saufenden Journalisten aus sieben Ländern gesehen. Eine harte Zeit, Mediathek gab es ja noch nicht. Jetzt wird euch klar, dass Bartleby eine wirklich schwere Kindheit hatte.
Muss ich euch noch sagen, dass Bartleby und sein eigener Sprössling später in Berlin fast immer vor dem Fernseher gegessen haben. Sogar Sonntag mittags. Beide natürlich getrennt vor ihrem eigenen. Frühes „modern living“.
Alexa, heute ausnahmsweise was Politisches?
Vergiss es!
Auch nicht über Gendern?
Was ist das denn?
Je nachdem, wie du dich fühlst, muss ich dich mit Mann, Frau oder divers anreden.
Warum das denn?
Die Leute wollen eben einfach wissen, wie es bei dir untenrum aussieht.
Aber Kennedy hat das damals doch auch nicht interessiert.
Wieso?
In seiner berühmten Rede vor dem Schöneberger Rathaus hat er gesagt: Heute, in der Welt der Freiheit, ist der stolzeste Satz „Ich bin ein Berliner“.
Das dürfte er natürlich jetzt nicht mehr.
Was müsste er denn heute sagen?
Na, ganz einfach: „Ich bin ein Berliner, eine Berlinerin und ein diverser aus Berlin.“
Das ist doch Schwachsinn.
Das sagst du. Andere nennen das politisch korrektes Gendern.
Wenn Trump nach Berlin kommt, wird er das sicher anders formulieren.
Trump soll ja divers sein.
Pervers! Trump ist pervers. Nicht divers. Du verwechselst da was.