„Wenn ich das Virus bekäme, würde ich sagen: Damit hat sich die Sache. Ich möchte nicht beatmet werden.“ So lautet ein Tweet von Inge aus Lichtenberg in meiner Zeitung. Eine Frau, die Corona auf den Punkt bringt. Respekt. Bartleby wird in Ruhe darüber nachdenken.
Böser Tweet zum Thema Homeschooling: Die Behauptung, die Kids hätten nicht mehr gelernt als sich die Hände zu waschen und dass ihre Eltern noch schlechter in Mathe sind als sie selbst, ist demnach ein schöner Gag.
Auch böse: „Es lässt sich nicht mehr abstreiten, dass sich der Ton bei den Selbstgesprächen seit einiger Zeit deutlich verschärft hat.“ Deshalb wohl auch die Flucht Bartlebys in einen neuen Newsletter.
Die Berliner lieben Volksentscheide, ob es um das Tempelhofer Feld geht oder um den Erhalt des Flughafens Tegel. Jetzt der neueste in der pipeline: Volksentscheid für die „größte autoreduzierte Zone der Welt.“ Unter anderem sollen pro Person nur noch zwölf private Autofahrten im Jahr erlaubt sein. Mit anderen Worten: In Prenzlauer Berg gehen die Kinder künftig nur noch einmal im Monat in die Schule.
Die AFD tut sich ja bekanntlich schwer mit konstruktiven Beiträgen im Parlament. Hier mal ein gelungener Versuch: Eine AFD-Abgeordnete wollte vom Bezirksamt Neukölln wissen, wie oft die Wörter „Scheiße“ und „Arsch“ am Rednerpult geäußert bzw. gerügt wurden („bitte nach Parteizugehörigkeit aufführen“). Geht doch!
Das habt ihr ja schon mitgekriegt, dass Bartleby die Verantwortlichen für Digitalisierung der Berliner Behörden schlicht und ergreifend für „dead wood“ hält. Bevor hier jetzt wieder das übliche Berlin bashing losbricht, ein Blick nach Hamburg und München. Die Hamburger Polizei hatte in einer Angelegenheit umfangreich ermittelt und ihre Ergebnisse auf ihrem Computer gespeichert. Anfrage der Münchner Polizei: Die selben Täter haben jetzt offensichtlich auch bei uns zugeschlagen. Schickt uns doch bitte eure Ergebnisse einfach digital rüber. Für uns Laien eine nachvollziehbare Bitte. Es gab nur ein Problem: Hamburg und München sind digital unterschiedlich ausgestattet. No chance! Aber die Hamburger Polizei hatte sich noch einen Rest analoges Denken bewahrt, verstaute ihren Computer in einem Polizeiauto und fuhr ihn mit tatütata von Hamburg nach München. Dort konnten sich dann die Kollegen persönlich ein Bild machen. Pech für die Gauner. Mit soviel Cleverness hatten sie sicher nicht gerechnet. (Hinweis geklaut bei „Extra 3“)
Zurück in die digitale Wüste Berlin. Bartleby musste jetzt beim Bezirksamt einen Anwohnerparkausweis beantragen. Naiv wie er nun einmal ist, dachte er sich, Name, Anschrift und KfZ-Kennzeichen müssten dafür reichen. Alle benötigten Daten von ihm und seinem Auto liegen doch den Behörden digital vor. Aber nein, das „dead wood“ des Bezirksamts will, dass ich die „Kraftfahrzeugszulassungsbescheinigung Teil 1“ (Was ist das? Fahrzeugschein?) für das Amt als PDF-Datei hochlade („Auf zulässige Größe, Höhe und Breite achten!“). Das Bezirksamt geht offenbar davon aus, dass neben jedem Ü80 ein Sohn oder Enkel sitzt, der an dieser Stelle die Anmeldung übernimmt. Da haben sie bei Bartleby noch einmal Glück gehabt.
Enkel Milan tat sein Bestes, kam dann aber doch noch an seine Grenzen. Zur Verifizierung seiner Zahlung der Parkgebühr soll Bartleby ein Code auf seine App geschickt werden. Kleines Problem: Bartleby hat gar keine App. Unvorstellbar, wie man als alter Mann ein Leben ohne APPs führen kann. Muss er sich jetzt noch schnell ein Smartphone kaufen? Aber Rettung naht: Milan, der Herr der APPs, übernimmt selbstlos die Zahlung. (Kriegt er doch wieder. Na sach mal, für wen haltet ihr mich?) Und wenn ich jetzt keinen Enkel hätte? Ich könnte auch um einen persönlichen Termin beim Bürgeramt bitten. Der nächste freie wäre im Juni. Immerhin. Irgendwann werde ich eine Bombe ins Rathaus werfen. Keine Angst, Leute, natürlich nur eine Stinkbombe.
Bartleby ist heute mal wieder mit seinem Mercedes Cabrio (200 PS) gefahren. Nicht sehr weit, vielleicht zehn Meter oder zwölf. Was soll der Quatsch, Bartleby, höre ich euch sagen. Solltest du nicht langsam darüber nachdenken, deinen Führerschein abzugeben? Aber für meinen Kurztrip gibt es eine einfache Erklärung: Bäume und Vögel. Die Bäume, weil sie da stehen und die Vögel, weil sie darauf sitzen und auf mein Auto scheißen. Also umparken, sobald das möglich ist. Das war einmal ganz anders. Früher gab es in unserer Straße keine Bäume, ich konnte mein Karman Ghia Cabrio parken, wo ich wollte. (Siehe Foto von Klein-Tassilo mit seiner Agfa-Klack vom Balkon aus in den späten 70er-Jahren). Dann wurden plötzlich Eichen und Platanen gepflanzt. Bartleby als Grüner hat sich natürlich gefreut, die Vögel aber auch. Sie mussten jetzt nicht mehr über die Spree in den Tiergarten fliegen, um dort abzukacken. Jetzt konnten sie das vor meiner Haustür genau auf mein Auto machen. Krähen, Elstern, Tauben, Spatzen, alles, was da kreucht und fleucht und scheißt. Und das nicht nur einmal am Tag.

Wenn Bartleby heute nach einer Tour zurückkommt, kann er nicht wie früher einfach am Straßenrand parken. Blick nach oben. Welche Gefahren drohen von den Latrinen im Baum? Jedesmal kommt ein traumatisches Erlebnis aus seinem Tansania-Urlaub wieder hoch. Robert, unser Fahrer, lud uns zu einer Fahrt im Morgengrauen ein. Wir sollten mal erleben, wie die Tiere wach werden. Warum nicht? Nach einer kurzen Strecke hielt er mit seinem Cabrio Landrover unter einem mächtigen Affenbrotbaum an. Blick nach oben: der Baum voller schlafender oder gerade erwachender Paviane. Die wiederum mit Blick nach unten: Wie auf Kommando von Robert entleerten plötzlich alle auf dem Baum ihre Blasen und mehr. Verdammtes inkontinentes Pack! Ein Königreich für eine Limousine! Robert tat ganz unschuldig. Bartleby hat ihm trotzdem ein gutes Zeugnis für seinen Chef ausgestellt und ein paar Euro dazu. Gruß an Roberto Blanco: „Ein bisschen Spaß muss sein.“
In Bartlebys Schlafzimmer sind ja im Laufe der Jahre so einige merkwürdige Sachen passiert. Aber das gestern war dann doch was Neues. Bartleby ist im Haus als der größte Lüfter bekannt. Von morgens bis abends bleibt das Fenster im Schlafzimmer sperrangelweit offen. Das ist aus naheliegenden Gründen dringend notwendig. Gestern wollte er sich wie immer zu seinem wohlverdienten Mittagsschlaf hinlegen. Er öffnet die Tür und erschrickt über ein wildes Geflatter in seinem natürlich ungemachten Bett. Ein Taubenpärchen war offensichtlich gerade dabei, eine Familie zu gründen. Bartleby hat das schnell mit einem coitus interruptus verhindert. Aber ein bisschen leid taten ihm die Tierchen trotzdem. Woody Allen hatte ihn schon vor langer Zeit darauf hingewiesen, dass Tauben und Katholiken ein Leben lang monogam leben. Trotzdem: Bartleby will weder Tauben noch Katholiken in seinem Bett.
Zum Schluss noch eine kleine Episode für euch aus der Reihe „Opa erzählt vom Krieg“. In Erinnerung gerufen wurde sie mir durch die ewigen Gender-Diskussionen der letzten Zeit. Berchtesgaden in den 50er-Jahren am Gymnasium. Das neue Schuljahr beginnt. Der Klassenlehrer fragt alle Schüler nach den Berufen ihrer Eltern ab und trägt das in eine Liste ein. Die meisten Antworten sind erwartbar: Handwerker, Verkäufer, kleine Angestellte. Jetzt bin ich dran. „Kubitz! Dein Vater?“ Ich mit leicht unterdrücktem Stolz in der Stimme: „Rechtsanwalt.“ Wird notiert. „Aha, und deine Mutter?“ Meine Mutter, ja was, welchen Beruf hat sie? Juristin ist sie nicht, obwohl sie das Büro meines Vaters in unserer Wohnung am Laufen hält. Waschfrau ist sie auch nicht, obwohl sie jede Woche auf ihrem Waschbrett in der dampfenden Waschküche herumschrubbt. Sie ist auch keine Köchin, obwohl sie jeden Tag das Essen für die Familie zubereitet. Ist sie eine Näherin, weil sie ununterbrochen Kleidung für uns näht und strickt oder ist sie eine Erzieherin, die darauf achtet, dass aus ihren Jungs was wird?
Der Lehrer mahnt: „Also, Kubitz, welchen Beruf hat deine Mutter?“ Der junge Bartleby ringt mit sich und beantwortet die Frage schließlich mit einem kaum hörbaren „Hausfrau.“ Darauf sein Lehrer: „Also ohne Beruf.“ So waren die 50er-Jahre.
Alexa, da bist du ja wieder. Lust auf etwas Politik?
Alexa: Fuck you!
Gut, dann vielleicht etwas über die Mars-Landung?
Alexa: Dachte mir schon, dass dir das nicht passt. Kostet ein Schweinegeld, aber wir müssen doch wissen, ob der Planet schon einmal bewohnt war.
Earth first, Mars second! Hätten wir mit dem Geld auf der Erde nicht etwas Sinnvolleres machen können? Zum Beispiel gegen den Hunger in der Dritten Welt?
Alexa: Da ist er wieder, der Gutmensch Bartleby. Hab dich schon richtig vermisst.
Eine Frage. Wenn irgendwann einmal intelligente Außerirdische die zerstörte Erde besuchen, woran könnten sie erkennen, dass hier einmal menschliches Leben existierte?
Alexa: Weiß nicht. An den Ruinen von Atomkraftwerken?
Auch. Aber am besten an den kleinen Körpern von Millionen verhungerten Kindern. Die jedenfalls werden wir auf dem Mars nicht finden.