Bettina Jarasch, viele von euch kennen sie gar nicht, ist die Spitzenkandidatin der Grünen für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September. Sympathische Frau, aber sie hat einen entscheidenden Fehler. Sie hat verraten, dass sie in ihrer Kindheit gerne Indianerhäuptling gewesen wäre. In ihrer Kindheit! Als Mädchen! Wo gibt’s denn sowas? Die Political-correctness Ultras der Grünen waren außer sich und schwangen den Tomahawk. Die nette Bettina knickte ein und betonte, dass das Ganze natürlich nur eine Kindheitserinnerung war. Ach Bettina!
Bartleby war auch einmal Indianerhäuptling. Da war er etwa 13 und auf dem Kriegszug gegen den bösen Stamm der Nachbarsiedlung. Ein Hin und Her wie bei Karl May. Dann hatte er endlich die schöne Tochter des anderen Häuptlings gefangen – es war nicht Bettina Jarasch – und an einen Marterpfahl gefesselt. Als er sie so wehrlos vor sich sah, kamen Gefühle in ihm auf, die er sich besser für später einmal aufgehoben hätte. Um es kurz zu machen, wir haben nicht geheiratet.
Was erwarten die grünen Sektierer//::**innen (richtig so?) jetzt vom alten Häuptling? Soll er jetzt „Lederstrumpf“, „Der Letzte der Mohikaner“ und die drei Winnetou-Bände und alles andere von Karl May einfach verbrennen? Aber wo? Der Bebelplatz geht ja nicht mehr, der ist seit den Nazis kontaminiert. Und soll er jetzt „Chingagooch, die große Schlange“ mit Gojko Mitic auf DVD entsorgen? Ein DDR-Indianer. Das geht schon gar nicht. Dann schon lieber die Platte mit dem Ami-Wessi Gus Backus und seinem „und dann sprach der alte Häuptling der Indianer: wild ist der Westen und schwer ist der Beruf“ Uff! Aber mit dem Beruf hatte er recht.
Hätten die Grünen mich für ein politisches Amt vorgeschlagen, wäre ich bestimmt auch nach meinen Kindheitserinnerungen mit Indianern gefragt worden. Bitte sehr, hier ist eine: Eschwege in den 50ern. Festspiele in der Freilichtbühne am Leuchtberg. Unser Gymnasium hatte ein Wild-West-Stück einstudiert. Der Obersekundaner Bartleby gehörte zu den Siedlern, die am Lagerfeuer „Oh my darling Clementine“ singen sollten. Wenn uns die Indianer aus der Sexta überfallen, sollten wir uns nach kurzer Zeit zurückziehen. Soweit der Plan. Aber plötzlich stand ich allein auf der Bühne und lauter schreiende Sextaner zerrten an mir herum. Ich machte das, was auch Old Shatterhand gemacht hätte. Ich griff mir einen Indianer nach dem anderen und schmiss die kleinen Rothäute wie lästige Gartenzwerge durch die Gegend. Konnte gar nicht aufhören. Das Publikum war begeistert. Es war der Moment, wo ich merkte, dass ich das Zeug zur Rampensau hatte. Aber für die Grünen hätte das natürlich nicht gereicht.
Harter Schnitt: Corona, zweite Impfung. Alles wie beim ersten Mal. Und jetzt darf ich vielleicht bald zurück in die Kultur und in Restaurants. Wenn mich Touristen dann in der Außengastronomie inmitten von lauter Über-Achtzigjährigen entdecken, werden sie zuhause berichten, Berlin sei das größte Altersheim der Welt. Na und?
Mein erster Gang geht zu meinem Lieblings-Jugoslawen: Gegrillte Leber mit einem großen Haufen Röstzwiebeln. Könnte ich mich wegschmeißen dafür. Hoffentlich gibt’s den Laden dann noch.
Dumm nur, dass einige ungeimpfte junge Hüpfer jetzt neidisch auf Alte wie Bartleby sind. Hört mal zu, Jungs: Für Staats- und Verfassungsrechtler ist ohnehin klar: Nicht die Gewährung von Grundrechten muss begründet werden, sondern deren Einschränkung. Verstanden? Und habt ihr mal daran gedacht, dass Bartleby und seine alten Kumpels nicht mehr so viel Zeit haben wie ihr? Ihr dagegen könnt noch Jahrzehnte im Berghain die Hosen runterlassen. Nicht, dass ich euch darum beneide. Jeder Lockdown bedroht all das, worauf sich Menschen wie ihr sich nach dem Ausnahmezustand freuen: Theater, Bars, Restaurants, Kultur und Reisen. Die Freiheit der Geimpften, das Geld von Bartleby und seiner Kohorte, kann helfen diese Dinge zu sichern, für euch, die ihr euch jetzt noch gedulden müsst. Marlon Brando als Pate nennt das ein Angebot, das ihr nicht ablehnen könnt.
Ich suche jetzt Trost bei meinen Hausgöttern Richard David Precht, Jan Böhmermann und Friedrich Küppersbusch. In puncto Zynismus macht Küppersbusch keiner was vor. Gerade stellte er mir das Saarland mit seinem Corona-Sonderweg vor: „Nationalgericht des Saarlands? Fertig Erbrochenes.“ Bartleby gefällt das.
Kann man über Corona Witze machen? Kann man. Gefunden in meinem Tagesspiegel: Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: „Du siehst aber schlecht aus.“ Der andere: „Ja, ich habe Homo sapiens.“ Sagt der erste: „Hatte ich auch mal. Geh zum Arzt und lass dir Corona verschreiben.“
Ein Tweet aus demselben Blatt: „Unser Großer (9) hat wegen dem ganzen Stress im Home-Schooling wieder mit dem Rauchen angefangen.“
Schluss mit Corona! Am Wochenende gibt’s bei Bartleby mal wieder Eisbein. Für euch gibt’s eine Frage: „Woran erkennt man einen Veganer? – Dass er es dir erzählt.“
Aus aktuellem Anlass ein kurzer Nachruf auf Prinz Philip. Bartleby hat ihn immer wieder bewundert, wie er sich mit legendären Boshaftigkeiten neben seiner Lisbeth behauptet hat. Kleine Anekdote aus der SZ: „Prinz Philip blickte dem dekorierten Admiral auf die geschmückte Brust, es war 1968, das Königspaar besuchte Brasilien. Nachdem er lange genug auf die Auszeichnungen geschaut hatte, fragte er den Admiral, ob dieser all die schönen Orden auf dem künstlichen See der Hauptstadt Brasilia erworben habe. Philip liebte es, Menschen aus der Reserve zu locken. Der brasilianische Admiral hätte beleidigt sein können, er hätte patzig antworten können oder gar nicht. Der Admiral aber sagte: „Ja, Sir. Nicht durch Heirat.“
Zwei Männer auf Augenhöhe.